Dienstag, 24. November 2009

Antwort auf vert, aber kurz und intuitiv

Ja, sicher ist der neue Rektor nicht aus dem Nichts gekommen. Trotzdem scheint er ein paar Sachen radikal anders zu machen als sein Vorgänger. Übrigens war er schon als Prorektor verhältnismäßig beliebt und zählte im Rektorat zu den wenigen nicht vollständig verrückt gewordenen, und da ich das Glück habe, ihn persönlich kennenlernen zu können, kann ich das hiermit bestätigen: Ja, den Eindruck machte er durchaus!

Ja, es ist wahnsinnig dämlich, sowohl eine 40-Jahr-Feier der Universität als auch eine entsprechende Uni-Gala ohne Studierende durchzuführen und zu planen. Auch hier ist fraglich, inwieweit die aktuelle Unileitung darauf überhaupt Einfluß hatte; solche Events werden erfahrungsgemäß mit erheblichem zeitlichen Vorlauf vorbereitet. Gerhard Schröder wurde ja auch unendlich für die architektonische Pompösität und Überheblichkeit des Bundeskanzleramts in Berlin gescholten, obwohl dessen monströse Auswüchse, sofern nicht ohnehin vom Architekten verbrochen, verbindlichen Vorschlägen seines Amtsvorgängers Helmut Kohl zu verdanken sind. Natürlich sind fünf Minuten Redezeit für den Asta peinlich, andererseits wollte der Asta in der Ansprache laut NW zur allgemeinen Lage an den deutschen Universitäten, in den neuen Studiengängen, zu Studiengebühren und weiß der Henker was sagen - das hätte vielleicht auch nicht so recht zum Anlaß gepaßt. Und, wohlgemerkt, die Proteste letzte Woche waren ja eben nicht eine vom Asta konzertierte Aktion, die gegen den Ausschluß der durchaus wichtigsten Statusgruppe der Uni protestiert hätte - mit aufsehenerregenden und vielleicht sogar witzigen Aktionen (wo waren die denn eigentlich?), sondern es handelte sich um ein paar Hitzköpfe, die sich bei der Demo noch nicht genug ausgetobt haben und dann mal eben Ballett in der Halle veranstalteten (ich habs gesehen und gehört). Das man bei so einem angehitzten Haufen nicht das Risiko eingehen möchte, daß dann doch ein paar austicken und ordentlich Rambazamba machen, kann ich eigentlich gut verstehen. Schließlich waren ja weder die Audimax-Besetzer noch die Demo-Aufrufer Leute, die ihr Gesicht zeigen oder eben mal für ihren ach so friedlichen Protest mit ihrem Namen und ihrer Person stehen.

Im übrigen: Der Asta braucht keine Daten der Studierenden und somit nicht einmal den Datenschutz zu verletzen. Es gibt komfortable Möglichkeiten, über das eKVV beliebige Statusgruppen anschreiben zu können. Ich habe das selbst bereits erfolgreich gemacht. Wenn die Uni diese Emails nicht durchläßt (was ich einerseits zwar, wenn es um den Studiengebührenboykott geht, verstehen kann, andererseits natürlich trotzdem Zensur ist), dann gibt es immer noch die Möglichkeit, die Studierenden über die Fachschaften zu erreichen. Schlußendlich scheint mich ja die Asta-Verkehrsgruppe ganz altmodisch per Snailmail zu erreichen, wenn sie mir das ungeliebte Semesterticket zukommen läßt.

Da ich mich gerade eine Stunde lang mit einem der Krawallbrüder konstruktiv unterhalten habe, ist mir meine eigene Quintessenz des Themas bewußter geworden: es ist einfach nicht mein Thema. In Sachen Durchlässigkeit akademischer Bildung für alle sozialen Schichten, vor allem unabhängig von den Eltern, rennt man bei mir offene Türen ein. Auch das selbständige Denken möchte ich immer und überall, sogar außerhalb der Uni, gefördert und gefordert sehen, und ich meine, daß eine Abkehr von allzu unstrukturierten Studiengängen nicht automatisch bedeuten muß, daß man Studenten wieder zu Grundschülern macht. Im neuerdings eingeführten Hochschulrat (was macht der eigentlich?), der sich offensichtlich einfach selber gegenseitig wählt und der bei uns pikanterweise von Annette Fugmann-Heesing angeführt wird, die wiederum auf eine mittelstolze Karriere (Verkauf der relevanten stadteigenen Betriebe BEWAG, GASAG, GEHAG und Wasserbetriebe) als Berliner Finanzsenatorin zurückblicken darf, aber das nur nebenbei, jedenfalls ist da kein einziger Student drin! Natürlich ist das skandalös. Kurzum: Viele Forderungen sind nachvollziehbar, aber finden nicht immer den richtigen Weg oder Adressaten, und irgendwie räume ich mir das Recht auf bildungsrelevante Selbstbestimmung ein. In einem Diplomstudiengang mit zurückhaltender Studienstruktur ist natürlich auch viel einfacher.

1 Kommentar:

vert hat gesagt…

äh, danke. einen eigenen blogeintrag war mein sicherlich ebenso intuitiver kommentar möglicherweise nicht wert.

wer jemals mit gusy zusammenarbeiten musste, weiß, dass gerhard sagerer ein freundlicher bescheidener mann mit guten manieren ist;-)
nein, im ernst: er ist der beste kandidat für das amt gewesen. und er genießt auch immer noch meine sympathie. (und btw: ich kenne ihn auch.)
aber: das war timmermann damals auch. und als meister des smalltalks hat er völlig unverbindlich jede brücke zum niederen volk der unigesellschaft abgebrochen. das hätte vor 8 jahren auch niemand geglaubt.
sagen wir so: ich würde mir sehr wünschen, dass sagerer das erspart bleibt.

der aktuelle asta ist übrigens ebenfalls neu (auch mit fast vollständigem personenaustausch) und arbeitet m.w. seit seiner amtseinführung intensiv an der studienstrukturreform mit.
diese arbeit hatte schon weit vor dem "bildungsstreik" begonnen.
ich bin im übrigen kein ausgesprochener freund dieser aktion, da ich die hintergründe auf bundesebene seit sehr geraumer zeit verfolge und den initiatorInnen und ihrem politischen impetus herzlich abhold bin. zum dank dafür mögen sie mich ebenfalls nicht.

ich teile völlig die einschätzung, dass es nicht die schuld des neuen rektors ist, wie diese veranstaltung organisiert worden ist (schrieb ich nicht eben solches auch schon im kommentar?)

die berichterstattung der nw ist zwiegespalten. da sitzen mittlerweile verbinder und kommifresser alter schule ehemaligen asta-mitgliedern gegenüber. da kann man schon mal in einer ausgabe zwei inhaltlich diametral entgegengesetzte artikel lesen (von der meinungsseite mal ganz zu schweigen.)

da der rektor während der besetzung deutlich machte, dass es sich seiner meinung nach um hausfriedensbruch handele (ein privatklagedelikt, das "nur" auf antrag verfolgt wird) und - sicher auf drängen des dezernenten* [facility management, fm] - zum großen polizeiräumungseinsatz geblasen hat, hätte das bei darauffolgend einsetzender staatlicher verfolgung ganz sicher das ende der ein oder anderen berufswahl bedeutet. vor diesem hintergrund halte ich es für ausgesprochen legitim, namenlos zu bleiben.

"ballett in der halle": ja und? die festgemeinde war doch schon in der mensa. hätten sie doch die türen zugemacht. das wäre dem bisherigen auftreten nur angemessen gewesen.

und im übrigen: die verwaltung beschließt an dieser uni, was politisch ist und was nicht. und somit auch über die kommunikation.
... "semesterticket = administration -> kein problem -> amtshilfe"
... "studierendenproteste organisieren" = schlecht für die administration -> leider pech gehabt"
zensur ist aber ein böses wort dafür, die tun doch alle nur ihre pflicht.

was ich bedaure: die meisten demonstrierenden haben keine ahnung, was sie da machen.
und die die wissen, was sie tun, instrumentalisieren erstere schamlos für ihre zwecke.
allerdings führt das bei einigen wenigstens überhaupt mal zu einer art politisierung, weshalb ich den vorzeitig beendeten empfang als kollateralschaden abhefte.

der hochschulrat, ach.
das führt nun wirklich zu weit.

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* derselbe dezernent, der quasi den polizeieinsatz dirigiert hat und auf leute gezeigt hat um sie verhaften zu lassen.
nicht der, der studentische hilfskräfte als spitzel in die foren schickt. das ist der andere.
tolle verwaltung haben wir da.
(da beginne ich an diesem einen punkt gusy zu verstehen, der die verwaltung abgrundtief hasste. waren zwanzig leute im raum und davon zwei aus der verwaltung, gab er achtzehn die hand.)