Freitag, 19. Juni 2009

Bibliographie

Idee geklaut von jetzt.de, schon seit einiger Zeit bewundert und gleichzeitig als zu kleingeistig in der Umsetzung kritisiert - es gibt da diese nette Rubrik Produktbiographie, innerhalb derer auf maximal sechs Seiten inklusive entsprechender Illustration die Taschen, Schuhe und anderes Accesoires-Gedöns präsentiert wird, das einen Mittzwanziger mit Hochschulabschluß bislang so begleitet haben könnte oder hat.

Nun also Bücher. Im Prolog Lustige Taschenbücher, dann schnell Medicus&Co., Bukowski und Hesse in unüblicher Reihenfolge, aber am passenden Platze (Spätpubertät bis Frühadoleszenz); dann, immer noch unübliche Abfolge, aber nicht untypisch im Auftreten (ich kann das gar nicht beurteilen; ich mußte nie langweiligen Zivildienst ableisten), diverse Klassiker; dann Popliteratur; dann die Guten; dann wird man alt und hat evtl. wieder richtig Zeit zum Lesen.

Das als Überblick, was die Konkurrenz sagt und liest. Ich kann ja auch mal.

Natürlich kein Lustiges Taschenbuch, sondern Grimms gesammelte Volksmärchen. Und dann polnische, russische, ungarische und überhaupt alle Volksmärchen der Welt östlich des Eisernen Vorhangs. Dann die des Westens, z.B. Alice im Wunderland. Und die gemischten, Zauberer der Smaragdenstadt und so. Die Raumfahrt-Zukunft-Bücher. Die ernsthafteren davon, Stanislaw Lem beispielsweise. Dann auch bei mir Klassiker. Im Nachtbus nach Hause Heine und Hölderlin. In der S-Bahn Hesse und Mann. Alle Mann. Dazwischen Kafka. Die Verwandlung im Deutschunterricht ödete mich an, weil ich das ganze andere Zeug von Kafka viel spannender und besser fand. Nur was ich für die Schule lesen mußte, mied ich. Meist wurde es einem ja doch kaputtgeredet.

Seltsam, heute würde ich mich freuen, wenn sich eine fachliche Instanz mit mir über das Gelesene austauschen würde (was bedeuten würde, daß mindestens ein anderer mir bekannter Mensch das Buch auch gelesen hat).

Dann las ich, beinahe bulimisch, alles, was schwarz auf weiß und nach dem Klappentext noch erträglich schien. Vieles mußte ich gedanklich wieder loswerden, wie bei einer richtigen Bulimie, aber in dieser Phase entdeckte ich auch seltene Perlen wie den Kriminalromanzyklus von Sjöwall/Wahlöö, der zehn Jahre Schweden beschreibt, in einzigartiger Kombination von Verbrechen, Politik und einzelnen Menschen. In dieser Spätphase entdeckte ich Max Goldt. Seitdem rede, lebe und lese ich anders. Man könnte mich wahrscheinlich in eine Prä- und Postauriphase einteilen, wenn man mehr Geschriebenes von mir kennte, was ich jetzt aber niemandem zumuten möchte. Max Goldt sagte oder besser schrieb einstens, Dr. Erika Fuchs, die Übersetzerin der klassischen Donald-Duck-Geschichten von Carl Barks, habe mehr für sein Sprachgefühl getan als alles andere, und den Beispielen nach zu urteilen, die er selbst angibt, kann ich mir das plastisch vorstellen. In dieser ja eher späten Phase (ich war immerhin schon Mitte zwanzig) durchstöberte ich die Bücherkisten berliner Flohmärkte nach Carl-Barks-Donald-Duck-Geschichten, teils erfolgreich, und labte mich an Sätzen wie Wer keine weiche Birne hat, ißt harte Äpfel aus Halberstadt.

Durch manche Werke hindurchgefressen: Georges Simenon, John Irving, Robert Merle, Margaret Atwood, Doris Lessing (von der ich mehr als zwanzig Bücher besitze), Philip Roth, Janosch, Urs Widmer, Robert Gernhard und Martin Suter, Lothar Kusche (Ost) und Franz Joseph Degenhardt (West), und alles, was aus Ungarn kommt, allein der Namen wegen.

Jetzt bin ich über dreißig und versuche ein anständiger Mensch zu werden. Jedoch will mir das Fernsehen nicht gelingen. Ich bin da ganz schlecht drin, aber da ich meinen Papa kenne, weiß ich, wo ich das herhab, und mache mir deshalb doch keine Sorgen. Stattdessen sitze ich in Prüfungsphasen zuhause und lese den unterhaltsamen Teil der Fachliteratur. Bei Sozial habe ich im Siegler (Entwicklungspsychologie) herumgelesen. Bei Physio habe ich die Elaborate von Herrn Markowitsch verschlungen (zumindest mit dem Erfolg, daß ich fürs Gedächtnis praktisch nichts mehr lernen mußte. Bei Diff habe ich populärwissenschaftlich bzw. egomanisch begründeten Krams von Eysenck gelesen (obwohl ich hierbei nicht glaube, daß mir das irgendwas genützt hat), bei Physio II ganz viel von Onkel Antonio Damasio. Und nun eben daheim der Margraf/Schneider. Der liest sich aber auch! Wenn man von den eklatanten Fehlern absieht... Bloß für Diagnostik ist mir noch kein geeignetes Zuhause-Buch übern Weg gelaufen...

Tja, mit sechs Rubriken käme ich nicht weit. Comics habe ich außer Donald Duck noch gar nicht angesprochen, auch die kommunistische Science-Fiction kaum, außer Lem, und der war bestimmt nicht so richtig kommunistisch. Oliver Sachs unerwähnt, ach, schändlich! Uferlos, so eine Bibliographie zu verfassen. Daher Schluß damit...

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