Sonntag, 27. Juli 2008

Langer Text, leider, und allzu wenig Inhalt, aber am Ende gibt es Musikhinweise

Offensichtlich waren sich mein soziales Umfeld und ich sich einig in der Frage, wie man die Abende nach der letzten Vordiplomsprüfung rumbringt, zumal wenn dann auch noch der Juli sich plötzlich besinnt und seinen Pflichten als Sommermonat nachzukommen sich anschickt. Daher wird jetzt nachgetragen.

Als erstes soll hier in aller Öffentlichkeit die beste Prüfungsvorbereitungsbetreuung ever geehrt und entsprechender Dank geäußert werden. Obwohl es aufgrund des Weltpsychokongresses in Berlin auf unseren Fluren unheimlich stille geworden ist, zog ich die Bibliothek für die letzten Lerneinheiten vor, dabei fällt mir ein, daß es ja auch umgekehrt sein kann: WEIL es im Büro so ruhig war, bin ich in die Bib gegangen, wo ja immerhin Leidensgenossen auch mit der Faktorenanalyse rotiert sind und sich verzweifelt gefragt haben, worin genau eigentlich der Unterschied zwischen der Arousal- und der Inhibitionstheorie der Extraversion besteht. Nach einer von den beiden (bzw. in meinen Augen bei beiden gleichermaßen) benötigen Extravertierte stärkere Reizintensitäten, um überhaupt erregt zu werden, während Introvertierte (nennen wir sie der Einfachheit halber Sensibelchen) schon bei einstelligen Dezibelzahlen aus dem Häuschen geraten. Vulgo: In der Bib: Extravertiert, zuhause: Sensibelchen. Nun weiß ich zwar nicht, ob ich hundertprozentig auf den Faktor Extraversion lade, und so störend finde ich die Lernumgebung Bibliothek auch nicht, immerhin wird tadelnd bis mißgünstig geschaut, wenn jemand vergessen hat, das Telephon stummzuschalten. Aber darum geht es grad eh nicht, sondern darum, daß ich mittags und nachmittags zum Essen und Kaffee abgeholt wurde; und daß ich abends die Äuglein nicht ermüde mit unsinnigem Gestarr ins Buch, dafür war auch gesorgt. Abgeholt. Das war gut.

Hoffentlich hats nun auch gereicht. Meine nette soziale Umgebung hat ja keinen Zweifel daran, obwohl die das ja am wenigsten wissen kann, weil die ja gar nicht weiß, wieviel und was ich gelernt habe. Ich lerne ja immer sehr selektiv, d.h. Faktorenanalyse finde ich doof, dann weiß ich da auch nichts drüber. War in der Klausur nicht so günstig. Aber gut, gezählt wird aufm Platz, und das Ergebnis wird bißchen dauern, hoffentlich kann ich mich überhaupt für die nächste Prüfung anmelden.

Jedenfalls gehts ja um danach. Sonne scheint, beim Eddy gibts kaltes Bier und hinter der Uni eine grüne Wiese, deren blühender Klee von einer schieren Armada fleißiger Bienen nach Kräften befruchtet wird. Später wird durch die Stadt gebummelt und festgestellt, daß keine Prüfungsbelohnungen feilgeboten werden. Noch später findet man sich auf dem, wahrscheinlich aufgrund des plötzlichen Schönwettereinbruchs völlig überfüllten Siegfriedplatz ein und trinkt polnisches Bier ausm Edeka.

Dann zwei Tage Brötchenverdienen bei schwülwarmen Temperaturen und wiedermal defekter Klimaanlage. Anstrengend, das, aber immerhin lerne ich, daß Klimaanlage auf englisch nicht climatation (was nicht überrascht), sondern AC (was durchaus überrascht; was bedeutet denn dann der zweite Teil der allseits bekannten Rockgruppe AC/DC?) heißt. Nach den jeweiligen Schichten gab es jeweils nette Veranstaltungen. Einentags eine gleichzeitige Einweihungs-, Auszugs-, Geburtstags- und Post-Prüfungs-Party, was sehr schön war, weil da auch viele aus meinem Semester waren, die ich im letzten Semester nicht so oft gesehen habe, weil ich auch nicht grad fleißig studiert habe. Die Freude wurde leider etwas durch die wohnungslagenbedingte Hitze, die durch die Anwesenheit zahlreicher teils schwitzender Gäste nicht gerade verbessert wurde, gedämpft, aber was heißt hier teils: alle schwitzten in dieser wahnwitzig unter das Dach gepreßten Wohnung, in welcher ich ohne Mühe die Decke über mir berühren kann und die über keinen einzigen rechten Winkel, dafür aber zahlreiche Balken verfügt, an denen man sich prima stoßen kann. Am andern Abend hörte meine Lieblingsnachbarin auf, eine solche zu sein, indem sie in eine phantastische Altbauwohnung zog, die nicht nur über zwei Balkone und einen fulminanten Ausblick bis hin zu den Salzuflern Bergen verfügt, sondern auch über etwas wie die maßstäbliche Raumwerdung der Idee "Flur". Wenn man in diesem Flur steht, bezweifelt man sofort den semantischen Sinn des beliebten Liedes "Da steht ein Pferd auf dem Flur", denn plötzlich ist es denk- und annehmbar, daß ein Pferd, ach Quatsch, drei, vier davon auf einem Flur herumstehen; man fragt sich höchstens, wie die Tiere es die fünf Altbautreppen hinauf geschafft haben. Fulminant! Also: Großer Neid für eine große Wohung! Danach mußte ich noch aufs Dach, obwohl ich schon so gut wie scheintot war. Die marginalen Entfernungen hier machen es einem wirklich leicht, trotz schwerer körperlicher Erschöpung für kontemplative Erlebnisse nochmal das Haus zu verlassen. Auf dem Dach ist immer gut, und es ist sehr bedauerlich, daß dieses Dach zu der WG gehört(e), die am Tag zuvor u.a. ihren Auszug gefeiert hat.

Heute also einer der raren, freien, schönwettrigen Sonntage hier in Biele (und allzu viele brauche ich davon nicht unbedingt). Eine sich für mich vor allem akustisch bemerkbar machende Baustelle am Güterzuggleis erschwert das Ausschlafen, d.h. immer wenn sich ein Güterzug nähert, trötet der Hauptbaustellentröter auf so einer mit Druckluft oder sonstwie gasig betriebenen Tröte herum, damit die Gleisarbeiter wissen, daß sich ein Zug nähert. (Die Informationen, die im letzten Satz enthalten sind, entbehren jeglicher recherchlicher Grundlage und sind ausschließlich als Ergebnis nächtlichen und morgendlichen Nachdenkens über Grund und Ursache der derzeit leider nachhaltigen Tröterei zu werten.) Trotzdem wird der Frühstückstermin (14 Uhr Stahlberg) eingehalten, was zu der natürlich nicht weiter zu verwundernden Einsicht führt, daß man im Stahlberg um 14 Uhr keine Wünsch-dir-was-Zettelchen mehr bekommt, infolgedessen man irgendwas anderes essen muß. 14 Uhr! Das ist doch keine Zeit! Also sitzt man nett auf dem Alten Markt herum und guckt den Kindern beim Herummanipulieren am Springbrunnen zu. Der Konfident geht ja bald nach México, und ein bißchen ist er auch schon in einer anderen, wahrscheinlich so einer Zwischenwelt unterwegs, scheint mir. Ohne jetzt die damalige Antizipation "von Berlin nach Bielefeld zum Studieren" mit der Aussicht auf "von Bielefeld/Studium nach México/Migrantenprojekt" gleichsetzen zu wollen, kann ich das schon ein bißchen verstehen: Man ist nicht mehr ganz da, wo man physikalisch noch ist, aber man ist auch nicht psychisch schon dort, wo man hingehen wird, weil man das ja noch gar nicht kennt. Man weiß nur, daß das richtig ist, was man machen wird, und man fühlt jetzt schon, wie schwer die Vermittlung zwischen hier und dort sein wird.

Schlußendlich habe ich Lieder entdeckt, Lieder, die die Welt vielleicht nicht unbedingt braucht, aber gleichwohl im Laden laufen und von mir dank schnellen Blicks auf die Anlage (das ist schwieriger als es klingt, denn die Anlage ist im Büro, wo ich aller-allermeistens nicht bin) identifiziert wurden und hier, hier und hier für die staunenden Leser verlinkt sind. Ich kenne sie alle schon lange, seit sie halt im Laden laufen, und finde sie, bei aller Unterschiedlichkeit, charmant und beschwingend. Im ersten Lied besticht die Zeile "I'm going back to 505, if it's a seven hour flight or a 45 minute drive" (whatever 505 shall be!), der nicht unschnubbelige Interpret des zweiten Liedes singt sehr eindringlich "But I won't hesitate no more, it cannot wait, I'm yours" und das dritte Lied liegt mir schon seit langem mit "Can I know more than I knew before, I know more than I knew before, I didn't rest, I didn't stop, Did we fight or did we talk,
Oh, I'll be the one who break my heart, I'll be the one to hope" usw. in den Ohren und verdient m.E. dafür den Preis für zutreffendste Lyrics des frischvergangenen Quartals, und den für die davor auch.

Jetzt ist aber Schluß hier.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

wenn das keine Quatschfrage (Ironiedetektorgen geht generell 2 Stunden vor mir schlafen) war:

AC / DC

heißt eigentlich:

Wechselstrom / Gleichstrom
(Alternating Current / Direct Current)

jetzt mal ausm Kopp und ohne google/Wikipedia... also ohne Garantie