Donnerstag, 22. Mai 2008

Tschernobyl images

Ich habe gerade das gelesen und dann das entdeckt und möchte das mitteilen. Vor Tschernobyl, als ich noch klein war, wurde mir viel über die verbrecherischen Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki erzählt. Diese Erzählungen über strahlenkranke japanische Kinder, die tagein, tagaus Kraniche falten, waren derart nachhaltig, daß ich diese Atomwaffeneinsätze bis heute für verbrecherisch halte. Dann aber, und ich war immer noch ein Kind, kam Tschernobyl, und zwar zunächst im Westfernsehen. Die zurückhaltende Informationspolitik damals halte ich für verhältnismäßig, denn in der DDR gab es auch Atom-, oder wie es bei uns hieß, Kernkraftwerke, und wenn jenes in Rheinsberg mal explodiert wäre, hätte man, den Maßstäben nach, die halbe DDR samt Ost+Westberlin evakuieren müssen, aber wohin bloß?

Kernkraft in diesen großzügigen und gleichzeitig wenig mißtrauischen Ausmaßen - das paßt zu einigen anderen typischen kommunistischen Hoffnungen - daß alle Menschen eigentlich das gleiche wollen und sich in ihrem Sinnen und Streben nicht voneinander unterschieden, daß man allen nur ihre tägliche Schrippe und eine sinnvolle Tätigkeit geben müsse, begleitet von Arbeiterdichterzirkeln und Elektrizität. Und gerade der Strom, so wie in Lenins Ausspruch, Kommunismus, das sei die Herrschaft der Sowjeträte plus Elektrifizierung des gesamten Landes, elektrisierte (sorry!) das herrschende Proletariat dermaßen, daß es riesige Staudämme und anfällige Kernkraftwerke errichtete, wo immer sich die Gelegenheit bot.

Was immer ich über die inzwischen seit mehr als 20 Jahren evakuierten Gebiete lese, jagt mir Schauer den Rücken hinunter. Die entleerte Stadt Pripyat - ohnehin nicht organisch gewachsen, sondern ebenso künstlich aus dem Boden gestampft, wie sie dann plötzlich für immer geräumt wurde. Zwei Reaktorblöcke, darunter der Schornstein des Unglücksreaktors, dominieren den Horizont auf den Bildern. Allgegenwärtig die weite Ebene, der weite Horizont der Unendlichkeit, die Unermeßlichkeit der Folgen der Katastrophe.

Ich habe schon einiges an Geisterorten gesehen - aber niemals waren sie auch nach Jahrzehnten unsichtbar kontaminiert, niemals waren es ganze Leben und Generationen, die ausgelöscht waren, niemals waren sie so groß, niemals war oder ist die Verlassenheit derart endgültig und besiegelt.

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