So fühlte es sich teilweise an. Gruppiert um Mutti (Dr. Dipl.-Psych.) und Papa (PD Dr. Dipl. Psych.) spazierten Heerscharen ehemaliger, aktueller und zukünftiger Diplomanden und Diplomandinnen über das steile Kopfsteinpflaster der Marburger Oberstadt und wetteiferten um den Titel des Schnitzelkönigs.
Schnitzel oder Salat - Malediven oder Bielefeld, über die langfristigen Konsequenzen seiner Entscheidungen kann und sollte man sich Gedanken machen. Lustig natürlich, wenn all die gewieften Entscheidungsverhaltensexperten (ich laß die weiblichen Begriffe vorläufig mal weg) im Gewölbekeller sitzen und nicht wissen, was sie bestellen sollen. Diese Entscheidungsprozesse sind im Labor sicher nicht replizierbar. Der arme Kellner; nun ist die TeaP auch nur alle zehn Jahre in Marburg, sonst könnte sich da auch so eine Legende bilden á la "die verrückten Psychologen sind wieder da, naja", aber zehn Jahre lang kellnert wohl niemand in Marburg. Überhaupt gab es einen offensichtlich schon eklatanten Mangel an geschultem oder überhaupt irgendwie geeignetem Service-Personal, denn solches, zumindest freundliches, wurde allenthalben gesucht.
In der Mensa konnte man die Witze über Entscheidungsverhalten in Alltagssituationen fortsetzen; denn wo man in Bielefeld einmal eine Entscheidung trifft, nämlich an welches Fließband man sich sich stellt bzw. ob man an die Salatbar geht, muß man sich in Marburg für eine Hauptkomponente zuzüglich dreier frei wählbarer Nebenkomponenten entscheiden. Theoretisch toll und innovativ, zumal der freie Wille ein wenig mehr zum Zuge kommt, aber lästig aufhaltend und an sich überflüssig.
Entscheidungsforschung war nicht gerade unterrepräsentiert auf der Tagung. Viel kam allerdings von so Grundlagenforschern aus der Allgemeinen Psychologie, die ständig an irgendwelchen Theorien und vor allem Modellen herummachten, aber wenig bis noch weniger Verständnis für "unsere" neuropsychologischen Ansätze und Arbeiten mitbrachten. Unser Running gag der Tagung war die immerwährende Frage nach der Glaubwürdigkeit von Glückspielaufgaben, bei denen die Versuchspersonen nicht mit echtem Geld umgehen und spielen, sondern mit fiktiven Beträgen.
Jenseits des reichen inhaltlichen Inputs gab es gute und wichtige (und informelle und wahrscheinlich in solcher Atmosphäre am ehesten stattfindende) Gespräche; über die zukünftigen denkbaren Aufgaben in der Arbeitseinheit - die Betreuung des Empiriepraktikums (hast du bedacht, daß ich dann meine eigenen Kommilitonen betreue? - [...] naja, dis wär jetzt kein knock-out-Kriterium, aber hmm) - und Fragen meiner Pläne NACH dem Studium, wo ich das übliche, nämlich Neuropsychologie, Berlin und Klinik antwortete mit dem Hinweis, daß ich eine attraktive Promotionsstelle vielleicht auch nicht verachten würde. Die Reaktion war 1.) natürlich Promotion; die Frage bezog sich eher auf die Pläne nach der Promotion; 2.) therapeutische Ausbildung und Promotion [wo ja alle, die das machen, mindestens indirekt abraten]; 3.) MUT, Ermunterung, Selbstverständlichkeit. Dicht gefolgt von einer Art Feedbackgespräch über Lehre, Inhalte von Lehre, was geht besser, was wird immer so bleiben. Also nicht gerade alltäglich. Offensichtlich, so wie Klassenfahrten oder Rüstzeiten die Leute, die eh jeden Tag miteinander zutun hatten, näher zusammenbrachten, ist es bei einer Tagung und einer entsprechend zusammenarbeitenden Truppe auch nicht verkehrt, ab und zu was zusammen zu unternehmen.
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