Ein Blick aufs lautlose Telephon. Halb sieben. Na gut, Zeit zu gehen. Völlig legitim, wenn man schon lange wach ist. Auch wenn die Kaffeepause mehr als ausgedehnt war. Ich packe den Kram zusammen und spaziere zu meinem Schließfach. Auf dem Weg überschlage ich die Busfahrzeiten. Hmm, könnte klappen. Ich schließe das Schließfach auf und greife hinein nach Tasche und Jacke, ziehe die Jacke in einem enervierenden Gefummel wegen der dranhängenden Ohrwuschel an, verstaue dann im Gegenzug den Ordner mit der irreführenden Aufschrift "Methodenlehre Skript 2. Semester Fachschaft" und will das Schloß wieder verschließen. Meine Hand fühlt sich allerdings irgendwie leer an. Da ist gar kein Schloß. An dem Dings, wo das Schloß rankommt, hängt auch kein Schloß. An dem Schlüssel hängt das Schloß auch nicht dran. Das Schloß ist weg. Der Bus auch. Der Bus danach ebenfalls, denn ich räume das Fach aus und wieder ein, die Tasche aus und wieder ein, suche den Fußboden nach glänzenden Gegenständen ab, durchwühle meine Hosen- und Jackentaschen: nichts. Ich habe gleichzeitig zwei Gedanken: Erstens bin ich heute dermaßen müde, daß ich mir sogar zutraue, das Fach beim Kaffeetasseholen gar nicht abgeschlossen zu haben und dann später das Schloß verloren zu haben. Zweitens kann das Schloß aus physikalischen Gründen nicht WEG sein, denn wenn es sich in sein Energieäquivalent überführt hätte, wären wir Zeugen einer gewaltigen Explosion... naja, vielleicht auch nicht mehr geworden... ääh, man hätte es wahrscheinlich bemerkt. Es mußte also irgendwo sein. Aber wo? Erneut durchsuchte ich alles mit der mir eigenen kriminologischen Systematik. Nichts. Ich rekonstruierte die vergangenen Stunden. EINE Verpeilung hätte ich mir dabei durchaus zugetraut. Vergessen abzuschließen angesichts des kurz bevorstehenden Kaffees - plausibel, selbst wenn ich da noch gar nicht wissen konnte, wem ich dabei alles so begegnen würde. Aber daß mir beim Aufschließen nicht auffällt, daß da gar kein Schloß ist? Also mußte es hier irgendwo sein. Penibelst rekonstruierte ich das Aufschließen und Jacke und Tasche rausholen. Dabei muß es mir aus der Hand gefallen sein. Wenn es jetzt nicht im Schrank und nicht in der Tasche ist, was es nicht ist (es sei denn, ich habe plötzlich einen SEHR selektiven Gesichtsfeldausfall), dann muß es sich irgendwo "an Jacke" befinden. Ein Griff in die Kapuze - und das Rätsel des sich quasi in Luft aufgelösten Schlosses war gelöst. Ich bin sehr dankbar, daß ich während dieser halben Stunde nicht beobachtet wurde.
4 Kommentare:
Ich hab auch mal vergessen abzuschließen, hatte extra Portemonaie und Schlüssel reingelegt und bin dann zum Sport gegangen. War aber alles noch da! Tja, man wird eben älter... ;-)
Irgendwie tröstet mich das grad nur bedingt :-(
Und ich hatte alles gesehen ;-D 8D Mist, wäre ich doch bewanderter in der Emoticon-Welt
maaaaannnnn... liebe sonne...das ist ja schrecklich!wir mögen keine schlösser!:(
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