Man geht zum Bahnhof. Es ist 20:20. Das Reisezentrum ist geschlossen. Miteingeschlossen eine Reihe Fahrkartenautomaten, aber in einer zugigen Ecke kann ich ein funktionstüchtiges Exemplar stellen. Es offeriert mir "Reise nach Berlin, Freitag ganz früh, Mittwoch zurück, ICE, Sparpreis 50, noch Fragen?" Frühaufstehen kann ich inzwischen ganz gut. Also, und mal ohne Umsteigen und ohne Hannover und mit Sitzplatz, da sag ich mal ja. Hab ich gesagt und gekauft. Dann gehe ich zu dem noch geöffneten Servicepoint und frage den gebürtigen Leipziger, was eigentlich passiert, wenn am Freitag gestreikt würde. Da sagt der doch: Dann kriegen Sie Ihr Geld ohne Bearbeitungsgebühr zurück! Ich sag: Ja, aber dann bin ich ja noch nicht in Berlin! Da sagt der: Ja, das könn' Sie dann vergessen. Da fährt dann nix. Ich sag: Am Freitag fährt doch alle halbe Stunde ein Schnellzug zwischen Köln und Berlin, da kann doch dann nicht plötzlich nix fahren! Da sagt der: Doch! Ich hab auch schon Befürchtungen, nicht nach Leipzig zu kommen. Da fährt dann nix.
Naja, grad eben habe ich ja in der elektronischen Süddeutschen gelesen, daß der Personenverkehr frühestens ab Montag bestreikt wird. Also: ab nach Berlin. Das Neuron, die am Wochenende unbelüftete Bib, der ostwestfälische Regen und sämtliche nervigen Ferienbegleitumstände können mich mal. Ich habe Semesterferien und kümmere mich um meine lieben heimischen Sozialkontakte und das Patenkind. Ich habe eine attraktive und treue Heimatstadt und eine wunderschöne Wohnung mit Südbalkon sowie ein funktionierendes Fahrrad mit altmodischen und gleichwohl zuverlässigen Patentventilen. Ich will am Sonnabend über den Markt bummeln, abends Freunde treffen und morgens lange schlafen. Am Sonntag suche ich den Frosch am Teich, und abends gibt es Kaninchen. Am Montag schaukele ich Clara durch den Stadtbezirk. Am Dienstag hat Clara Geburtstag. Alle Leute, die ich treffe, legen die Stirn in sorgenvolle Falten, wenn ich Nucleus accumbens sage, und verstehen nichts, wenn ich "und dann bis nachher am Glaskasten" sage.
[GDL ist natürlich die Lokführergewerkschaft!]
3 Kommentare:
Dank dem Urteil aus Nürnberg kannst du gänzlich unbesorgt hin- und zurückfahren. Erstmal zumindest - weitere Streikaktionen will die GDL dann einfach nicht mehr ankündigen... Phyrrussieg?
kann sich die Lokführergewerkschaft nicht eigentlich mal mit einer Organisation HD zusammentun, die dann heißen: HDGDL? Meinjanur
Hehe.
Ich hatte folgende Assoziation:
GDL = Große Deutsche Lokführervereinigung...
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