Sonntag, 13. Mai 2007

Ungeordnete Ergebnisse vom Nachdenken am Wochenende

Es gibt ja keinen freien Willen, und daß ich über all das nachdenke, worüber ich so nachdenke, ist mehr so eine Art Abfallprodukt der Hirnevolution. Mein Hirn ist da besonders schlimm: Ungefragt kognitisiert es vor sich hin, ob ich will oder nicht. Kaum abschaltbar. Quasi Evidenz für den nicht vorhandenen freien Willen. Also, worüber haben wir, mein Hirn und ich, so nachgedacht?
Zum einen habe ich in Bruchteilen von zwei Tagen zwei Kapitel vom Entwicklungsbuch gelesen. Imponierend, da das bedeutet, daß man das Buch schlußendlich bis Ende Mai problemfrei inhaliert haben sollte. Dann haben wir immer noch sechs Wochen, um Herrn Lohaus' Folien auswendigzulernen. Eines der Themen war übrigens Intelligenz. Unabschaltbar arbeitende Hirne wurden leider nicht als Merkmal genannt, in keiner der zahlreichen Theorien. Trotzdem interessant: die wiederholt zu beobachtenden, sich selbst verstärkenden Systeme: Wem das Lesenlernen leichtfällt, der liest auch mehr, was ihm das Lesen noch leichter macht.
Außerdem haben wir uns schon wieder eine Studie reingezogen. Das wurde im Drogenseminar gar nicht behandelt: Herr B., ich bin süchtig nach Studien über VMPFC-Läsionen. Ich würde gerne was anderes lesen oder ins Kino gehen, aber schwupp! finde ich mich in der Bib wieder und blättere im Wörterbuch nach anticipatory. In der Bib tropft es lustig durch die Decke, und gelegentlich stürzen Teile der Deckenkonstruktion herunter. Andere Personen breiten drei weit aufgeschlagene Bücher aus und legen ihr Federmäppchen dazu, damit man den Arbeitsplatz auch identifizieren kann. Sie selbst werden jedoch nie gesichtet und müssen daher indirekt durch Zettelchen erfreut werden.
Heute haben wir unter großem Gekicher den Fragebogen zuendekonstruiert, damit er morgen von MB in der Luft zerrissen werden kann. An sich ist das ja ein lustiges Unterfangen. Man weiß eigentlich genau, was man wissen will, aber es ist gar nicht so einfach, ein Item draus zu machen. Gestern gab es wieder ein lustiges Geburtstagsfest, infolgedessen ich feststellte, daß aus Nachtbus N5 am Jahnplatz N2 wird - ich hätte gar nicht erst aussteigen müssen. Verrückt. Noch verrückter: Statt gelegentlich wechselnde Bierflaschen in der Hand zu halten, stand ein Konfident den ganzen Abend mit einer sich sukzessive leerenden Whiskyflasche im Arm herum.
Eben las ich auf sueddeutsche.de über Armut in München und das entsprechend inkongruente Hartz IV. Das Problem betrifft sicher nicht nur München und nicht nur ALG II-Empfänger, sondern beispielsweise auch Staatsbedienstete. Zusammen mit dem, was ich gerade über den Einfluß von Umweltbedingungen auf Intelligenz, Schulerfolg, späteres Arbeitsleben und Gesundheit gelesen habe, bringt der Inhalt des Interviews für mich bald das Faß zum Überlaufen: Die berühmte Schere zwischen Oben und Unten geht immer weiter auseinander, und gerade Kinder, aber wahrscheinlich auch viele alte Leute sind davon besonders betroffen und können sich am wenigsten wehren. An sich ist es ja völlig unverständlich, warum solche existentiellen Dinge wie soziale Grundsicherung oder das öffentliche Gesundheitssystem nicht den einfachsten Regeln von Evaluation unterworfen sind - irgendein Quatsch wird eingeführt, aber selbst wenn er noch so offensichtlich ineffektiv ist, bleibt er stehen wie ein Hinkelstein. Von ernsthafter Überprüfung ist ohnehin nichts zu sehen. Dabei pfeifen es ja die Spatzen vom Dach, daß das Sozialsystem in all seinen derzeitigen Wucherungen VIEL teurer ist, als wenn jeder Bürger brav seine bedingungslose Grundsicherung bekäme. ACH! Allein die Vorstellung, daß irgendwelche Heinis mit ihrem Aktienpaket mehr Geld reinholen, als einer gewöhnlichen Hartz IV-Familie so zugewiesen wird, macht mich glatt zum Kommunisten.
Was wird noch so gedacht?
1. Warum regnet es schon wieder?
2. Warum haben wir das andere Pola-Album nicht gekauft?
3. Warum tun Leute Dinge so, wie sie es bisweilen tun?
4. Warum wurde der Automat, an dem man einen schlechten Cappuccino für 0.75 Öre bekam, ausgetauscht gegen einen Automaten, an dem man einen schlechten Cappuccino für 1.05 Öre bekommt?
5. Warum können Emotionen einen unter Umständen sogar fatalen Einfluß aufs Entscheidungsverhalten ausüben?
6. Warum hat das nicht geklappt mit dem prospektiven Blog?
7. Warum denken manche Leute, daß ich alles über die privaten Präferenzen von Dozenten weiß?
8. Julika ist Lied des Monats. Das ERSTE Mal im Leben, daß ich wünschte, französisch zu können. Ich singe übrigens trotzdem mit.
9. Ach Quatsch - des Quartals!
10. Aber Trust me ist auch sehr gekonnt getragen von dem sparsamen Synthie-Schlagzeug, der zurückhaltenden Elektroniktaste und der eingespielten Frauenstimme. Sehr überzeugend. Minimalism in electro.
11. Ebenfalls bei der elektronischen sueddeutschen findet sich eine hübsche Überlegung darüber, die Love Parade nach Stuttgart zu holen. Unterhaltsam allein schon die Beschreibung des Spektakels: Da fahren junge Menschen aus allen Dörfern Deutschlands hin. Sie tragen Anziehsachen, mit denen sie ihre Problemzonen betonen, und hören nicht mehr ganz zeitgemäße elektronische Musik. Kein Wunder, daß das nur mit Drogen zu ertragen ist. Den verantwortlichen Personen in Stuttgart sei hingegen rechtzeitig aufgefallen, daß eine halbe Million Menschen gar nicht in ihre Innenstadt passen würde.
12. Aus eigenen Erfahrungen heraus würde ich übrigens behaupten, daß natürlich soviele Menschen in die Innenstadt passen. Man müßte eventuell den Straßenverkehr ein wenig eindämmen. Was für Stuttgart unvorstellbar wäre, war in Berlin jeweils Programm: Am Love Parade-Wochenende war praktisch die gesamte Innenstadt out of order.
13. Jetzt reichts aber. Es gibt schon Beschwerden darüber, daß ich mehr schreibe, als jeweils gelesen werden kann...

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