Dienstag, 1. Mai 2007

Babyschwimmen und mehr

Da war ich heute mit. Mit Clara. Komisch, wie komisch andere Kinder und ihre Eltern immer so aussehen. Clara ist jedenfalls eine Wasserhexe. Da sie gerade erst dabei ist, Objektpermanenz zu entwickeln, kann man sie unendlich mit einfachem Unter- und dann wieder vor ihrer Nase Auftauchen amüsieren. Weiterhin gab es grenzenloses Vergnügen durch mehrmaliges Absingen der einfachen Weise "Weeerdeeer Breeemen, schalalala". Obwohl Bremen gestern in Bielefeld unglaublicherweise, und ein mir persönlich bekannter Werder-Bremen-Fan hatte schon so ein ungutes Gefühl, verloren hat. So wird man aber nicht Meister. Immerhin hat Schalke, wenn ich es richtig beobachte, auch verloren, und eins ist ja mal klar: SCHALKE DARF NICHT MEISTER WERDEN! Eine andere Meisterschaft wird derzeit auf dem Boxi ausgefochten, d.h. bislang sah es noch ganz gut aus; es war nix abgeriegelt, und ich kam unangefochten nach Hause. Der Platz war von den Scheinwerfern hell erleuchtet, und allerlei Personen unter allerlei Substanzeinfluß taumelten durch die Nacht. Auch transportierten Wannen unauffällig Festgenommene ab. Personen der Betriebsaufsicht der BVG standen herum, aber noch brannten keine Straßenbahnen. Ich kam grad vom last-Blumfeld-Konzert ever. Ich kannte die Band ja gar nicht, und dafür hats mir ganz gut gefallen. Ging bißchen viel um Liebe in den Liedern; irgendwann hatte ich das Gefühl, daß sich die Texte wiederholen. Bißchen viel Liebespaare knutschten herum. Das kann man doch auch preiswerter und gemütlicher daheim haben! Aber es war eben insgesamt ein netter Abend in angenehmer und wohlgesonnener Begleitung, und gleich am Bahnhof gab es eine Situation, frisch gelerntes Wissen in einer Transfersituation umzusetzen. Ein Mann war die Treppe hinuntergestürzt und lag bewegungslos mit dem Kopf in einer Blutlache. Daß er zu den heute zahlreich im Ostbahnhof herumschwirrenden Gehörlosen gehörte, machte die Sache nicht einfach. Erstmal schrie er gar nicht, und auch sonst keiner, denn er war mit gleichartigen Kumpanen unterwegs. Die konnten nun auch schlecht den Notarzt anrufen. (Man macht sich das gar nicht bewußt, was das für eine Einschränkung ist, wenn man grad vorher die ganzen Gehörlosen munter hat quatschen sehen!) Verantwortungsdiffusion schied also aus, und das andere, dessen Name mir grad nicht einfällt, daß man die Reaktion der anderen beobachtet, die ebenfalls grad nachdenken, und aus deren Untätigkeit schließt man fälschlicherweise, daß gar kein Notfall vorliegt - sonst würden die ja was unternehmen, das schied jedenfalls auch aus, angesichts der Blutlache. Naja, und soziale Erwünschtheit... da stehen wir ja ein bißchen drüber. Hab ich also flink die Feuerwehr angerufen, nur um zunächst festzustellen, daß man da in genau so eine Warteschleife gesteckt wird wie wenn ich das Call-off Ahrensburg anrufe. "Hier ist die Rettungszentrale der Berliner Feuerwehr. Bitte legen Sie NICHT auf. Sie werden mit dem nächsten freiwerdenden Platz" usw. Und auf englisch. Die anderen schauten mich schon erwartungsvoll an. Sagen konnten sie ja nichts. Ein paar Bahnhofsheinis kamen dahergerannt. Inzwischen hatte ich eine Dame an der virtuellen Strippe. Das Dilemma mit den 5 W-Fragen wird bei der Feuerwehr insofern gelöst, als daß einen die Dame sicher durch das 5-Fragen-Menü lotst. Bevor ich eigentlich überhaupt was sagen konnte, fragte sie schon, wo sich der Notfall derzeit aufhält. Ob er ansprechbar ist. Ob es sich um eine Person weiblichen oder männlichen Geschlechts handelt. Wie alt die Person möglicherweise ist. Usw. Ich dachte durchaus, daß ich gleich "UND ER BLUTET DOLL AM KOPF, IRGENDWO!!" rufen werde, aber mir gelang eine unfallfreie Navigation durch das Rettungshelferherbeirufungsritual. Naja, geht doch, wenn man will.
So. Außerdem durfte ich noch ein weiteres Kleinkind begutachten. Bis jetzt stimmt entwicklungsmäßig alles, wie es Herr Lohaus in der Vorlesung vorgetragen hat. Da kann ich zufrieden sein. Morgen geht es wieder nach Biele zurück, da heißt es dann hypothetisieren und sauber formulieren, und vor allem an die Fachschaftsfahrt am kommenden Wochenende denken. Denk, denk. Der Berlin-Ausflug hat schon genug an Gedenkstoff erneuert. Hej, aber was 'ne schöne Stadt.

1 Kommentar:

niesen hat gesagt…

jawollja, SCHALKE DARF NICHT!

pluralistische Ignoranz?
War es das, was Du suchtest?

Oder den Oberbegriff:
Deindividuation?

Ich hätte vermutlich vor lauter Aufregung die Warteschleife schon angebrüllt: "Ey, Blut hier. Viel, Du Arsch!"

Ich war übrigens - wie immer - im Stadion...hihi