Montag, 12. Juli 2010

kontra

Wenn man die Kommentare zu derzeitigen Publikationen über den Koalitionsvertrag der zukünftigen Minderheitsregierung in Nordrhein-Westfalen (mein derzeitiges Heimatland) liest, bekommt man tatsächlich den Eindruck, daß man es bestimmten Personen einfach nicht recht machen kann.

- Hannelore Kraft hatte zwar keine gute Ausgangslage, weil sie fast alles, inklusive der jetzt doch zustandekommenden Minderheitsregierung, ausgeschlossen hatte, und das wenige, das sie nicht ausgeschlossen hatte, war durch die entsprechenden hypothetischen Koalitionspartner ausgeschlossen worden (z.B. Jamaika).

- Jürgen Rüttgers trat nach der doch deutlichen Wahlniederlage zunächst doch nicht zurück, um später dann doch von allen Ämtern zurückzutreten... von fast allen. Das Mandat behält er natürlich trotzdem.

- Jürgen Rüttgers hat sich einerseits alle Mühe gegeben, den Anspruch der CDU auf das Ministerpräsidentenamt mit den 6000 Stimmen Vorsprung, die sich freilich nicht in einem einzigen Sitz Mehrheit niederschlugen, geltend zu machen. Andererseits erwarte ich vom sich selbst als solchen empfindenden Mehrheitseigner, daß er sich bitteschön selber um entsprechende Regierungskoalitionen bemüht. Das ist nicht geschehen.

- Hannelore Kraft hat sich alle Mühe gegeben, ihre Wahlversprechen einzuhalten und nicht in die sogenannte Ypsilanti-Falle zu laufen. Stets versicherte sie sich des Rückhalts durch Bundespartei und Basis. Trotzdem wird ihr Machtgeilheit und Postenversessenheit vorgeworfen, und zwar in unverschämtem und polemisierendem Ton.

- Als Hannelore Kraft noch aus der Opposition heraus mit faktischen Mehrheiten im Landtag auf demokratisch geradezu vorbildliche Weise ( = kein Fraktionszwang) die amtierende Regierung zwingen wollte, Landtagsbeschlüsse umzusetzen, wurde ihr vorgeworfen, sie würde die Interessen des Landes zugunsten eigener Eitelkeiten und aus Angst vor Neuwahlen opfern.

- Kommentatoren benutzen häufig, um die weibliche Doppelspitze der künftigen Minderheitsregierung zu benennnen, die Phrase "die beiden Damen", was natürlich sofort an Kaffeekränzchen im Café Kranzler anmutet.

Ich freue mich darüber, in einem Bundesland zu wohnen, welches mutige Damen beherbergt, welche nach Äonen autokratisch-patriacharlich geführter Altherrenregierungen (Rau, Clement, Rüttgers) gleich zu zweit eine Minderheitsregierung stemmen wollen. Ob es klappt, kann man nicht wissen, aber das es sonst auch keine handlungsfähige Regierung gäbe, weiß man jetzt schon. Außerdem gehöre ich zu den fatalistisch-ergebenen Leuten, die glauben, die wahre und mich betreffende Politik finde ohnehin nicht mehr im Parlament statt (falls sie sich da jemals befunden habe), sondern auf Lobbybanketts und hinter zugezogener, gepolsterter Tür. Insofern ist es natürlich auch egal, ob sich das Frauenkonvolut in Düsseldorf irgendwie durchsetzen kann.

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