Mittwoch, 5. Mai 2010

Leider ist ja schon wieder Wahl

Also, so intensiv habe ich meinen staatsbürgerlichen Pflichten noch nie nachgehen müssen! Es ist noch kein Jahr her, daß ein neues SubventionsverschwendungsgremiumEuropaparlament gewählt werden wollte, und nach schlappen Oberbürgermeister-, Kommunal- und Bundestagswahlen folgt nun die Landtagswahl. Eigentlich wollte ich ja, wie immer, wenn ich einen Landtag bzw. ein Abgeordnetenhaus wählen darf, ankreuzen und verschwinden, aber da in Bethel händeringend Neuropsychologinnen gesucht werden, deren einzige Qualifikation offensichtlich in dem Mut besteht, sich selbst als eine solche zu bezeichnen, werde ich vielleicht doch länger als geplant mit den Folgen meiner folgenreichen Stimmenabgabe leben müssen. Mist! Ich meine, wenn sogar die CDU mit Rot-Rot-Grün droht, obwohl sie dann ja selber gar nicht mitspielen könnte, dann scheint ja was dran zu sein.

Es ist also mal wieder Wahlkampf. Etwas wahlkampfdröge scheint der sonst auch dröge Ostwestfale durchaus zu sein. So hielt es Nerv-Matze (Name geändert) heute für angebracht, auf die demnächst anstehende Wahl hinzuweisen, woraufhin einige der anwesenden Studenten tatsächlich "Echt?" machten. Wenn man sich den ebenfalls von Wahldrögität geprägten Wahlkampf ernsthaft anguckt, muß einen tatsächlich das Grübeln anfallen.

Gucken wir doch einmal genau hin (erstmal ausm Kopp):

CDU. Sommer, Zähne, das unvermeidliche Wort Kompetenz. Kompetenz entscheidet, heißt es so schön. Gut, aber daß die CDU den Wählern tatsächlich Kompetenz zuspricht, ist neu. Daß sie selber kompetent ist, hat sie ja im Falle des benachbarten Bundestagskandidaten mit dem gekauften Doktortitel zur Genüge bewiesen - auffliegen durfte das erst, nachdem die letzte Anfechtungsfrist verstrichen war. Sonst, außer der nicht näher bezeichneten Kompetenz, hat die CDU nichts inhaltliches zu vermelden. Unter Photos von Rüttgers steht allen Ernstes Unser Ministerpräsident geschrieben. Dafür wird, was das verfeindete politische Lager betrifft, das Wort Wahlkampf durchaus ernst genommen. So stand beispielsweise einige Tage lang vor einem größeren Schulkomplex neben der Alm, wo ich mit dem Fahrrad langkomme, ein in rot gehaltenes Plakat mit der Aufschrift Diese Schule wird geschlossen (und dann ganz klein) - wenn Rot-rot regiert. Die Linkspartei will die Einheitsschule. Da diese durchsichtige polemische Aktion (die an inhaltlichem Quark kaum zu überbieten ist - lösen sich die Schüler denn nach der Einführung von Gemeinschaftsschulen in Luft auf?) offensichtlich auch woanders als nur bei mir Argwohn hervorrief, sind die schönen Schilder inzwischen entfernt. Insgesamt scheint die CDU jedenfalls einer möglichen Rot-rot-grün-Konstellation mehr Chancen einzuräumen als die entsprechend beteiligten Parteien selbst. Der beste Slogan ist allerdings NRW muß stabil bleiben. Ja, dieses von Unsicherheit und innerer Zerrissenheit geprägte Land droht tatsächlich auseinanderzubrechen! Guerillakämpfer bereiten den Aufstand vor, Partisanen werden in versteckten Winkeln des Teutoburger Waldes auf eine neue Varusschlacht vorbereitet, Zivilisten beginnen Nahrungsmittel zu bunkern!

SPD. Diese jedenfalls werben nicht offen mit Wenn wir erstmal mit den Müslis und den Stalinisten paktieren, lösen wir die CDU auf und verstaatlichen das Parteivermögen - dürfte sich vermutlich lohnen. Eher steht Frau Kraft auf den Photos herum und lächelt, um ihre Kernkompetenz zu demonstrieren. Bei Frauen ist ja auch wichtig, daß sie dekorativ aussehen. Mehr hat Frau Kraft jedenfalls nicht mitzuteilen.

Grüne. Der grüne Direktbewerber und aussichtsreiche Listenkandidat M.B. ist mir persönlich aus rotweinschwangeren Anlässen im Zusammenhang mit dem Konfidenten bekannt. Insofern kenne und schätze ich ihn als intelligenten und eloquenten Zeitgenossen mit wilder Frisur. Daß er auf den Photos spitzbübisch-lieb aussieht wie der vielzitierte Wunsch-Schwiegersohn, ist ihm sicherlich nicht persönlich anzulasten. Allerdings hatte er sich für die Photos offensichtlich rasiert gehabt. Für was für eine Politik er allerdings demnächst im Landtag zu stehen wünscht, ist den Plakaten gleichfalls nicht zu entnehmen - außer der schön-leeren Phrase Für ein kreatives NRW. Na, dann prost!

Linke. Gregor Gysi war hier, Sahra Wagenknecht trug ihren Dutt um den Siegfriedplatz herum spazieren, und einer der linken Direktkandidaten ist gegen den Uni/FH-Ausbau auf der Langen Lage, weil... naja, wie sollen denn die Studenten da alle hinkommen? Und außerdem ist ja sonst keiner richtig dagegen. Weiters wird auf Plakaten die Entmachtung von E.on und noch wem verlangt, auch nett. Verstaatlichung der Schlüsselindustrien hieß das früher, und ich bin linke Bazille genug, um solche Forderungen für sinnvoll und notwendig zu halten. Andererseits bin ich nicht mehr 16 und habe meine Zweifel, daß auf NRW-Ebene so eine Entmachtung problemlos vonstatten ginge. Bemerkenswert an den Linken ist überhaupt die Tatsache, daß es sie nun auch in hiesigen Gefilden gibt.

Büso. In gewohnt unlogischer Berichterstattung verbreitet die Politsekte die Botschaft vom Heil des Transrapid und der Atomkraftwerke und labt sich an den griechischen Verhältnissen, denn den Euro wollten die LaRouche-Spezialisten sowieso wieder abschaffen. Zur Debatte tragen sie nicht bei, aber die teuren und überflüssigen Flyer müssen nun wieder von einem ebenfalls teuren, aber keinesfalls überflüssigen Hausmeister unten zusammengefegt werden.

Violette. Die haben nur paar Laternenbeschriftungen aufgehängt. Die sind reiner Geist, die fallen nicht ins Gewicht.

Fehlt noch wer?

Ach, die Partei der pickelnarbigen Schwuppen - sind die überhaupt mit dabei? Wollen die denn mitregieren? Haben die's nicht mehr nötig, auf sich aufmerksam zu machen? Auf dem Wahlzettel sind keine Bilder!

Im Grunde könnte es wie in Hessen ganz banal werden - Studiengebühren werden abgewählt. Wer weiß? Vielleicht wird die Bundesregierung abgestraft - übrigens einer der Gründe, warum ich das Landtagswahlenkonzept für komplett idiotisch halte. (Das Landtagskonzept übrigens auch, wie auch den Rest des Bundeslandkonzeptes.)

Wenn man sich den optischen Wahlkampf so anschaut, würde es mich nicht wundern, wenn die Wahlbeteiligung unter 30% liegen wird. Es ist ja nicht der Hauch einer Debatte über Inhalte und Ziele zu spüren.

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