Freitag, 4. Dezember 2009

Sonntagsruhe

Ich hab ja schonmal was zum Sonntag geschrieben, aber ich habe so gar keine Ahnung, wann das gewesen sein könnte, deshalb versuche ich es gar nicht erst, den Link zu finden.

Nun hat also mein geliebtes Verfassungsgericht (mit dem seinerzeit sehr ungeliebten W.Hassemer) entschieden, daß die grundgesetzliche Sonntagsruhe auch wirklich RUHE bedeutet, und zwar für alle, und auch gegen den Willen vieler. Ich wußte gar nicht, daß es eine so strenge Sonntagsruhe im Grundgesetz gibt, aber ich bin dankbar für den schweren Riegel, den die Herren in Karlsruhe (inzwischen sind hoffentlich auch einige Damen dabei) der wochentäglichen Beliebigkeit vorgeschoben haben. Dabei geht es mir nicht um Religion. Daß die Läden an verkaufsoffenen Sonntagen erst um 12 oder 13 Uhr öffnen durften wegen Gottesdienst, fand ich nämlich schon immer albern. Niemand, dem die sonntägliche Kirche so wichtig ist, daß er nicht auf sie verzichten möchte, geht anschließend zum Shoppen ins nächstegelegene Shoppingcenter und ärgert sich, daß das in drei Stunden schon wieder zu macht. Ich hoffe jedenfalls schwer, daß diese Aussage zutrifft. Es gilt die alte Regel: Niemand muß tun, was er nicht will, also beispielsweise sonntags einkaufen. Aber - die formale Abschaffung eines allgemein gültigen Feiertages pro Woche würde das soziale Leben sehr nachhaltig verändern. Der Sonnabend, der ja schon beide Entwicklungen erleben durfte, konnte das nachhaltig lehren. "Samstag gehört Vati mir", steht auf einer typischen Gewerkschaftsanzeige der, na, da muß ich raten, wahrscheinlich 60er Jahre. Da wurde für Vatis arbeitsfreien Sonnabend gekämpft. Heute geht das Wochenende mit einiger Selbstverständlichkeit für Entscheidungsträger aller Art von Freitagmittag (Freitag nach Eins macht jeder seins) bis Montag früh (Wer später kommt, kann früher gehn);  Studenten nicht ausgeschlossen.

Daß es oft und viel Studenten sind, die dem Einzelhandel reibungsarm die Umstellungen auf veränderte Öffnungszeiten ermöglichen; daß es die sonst arbeitslosen, voll flexiblen Stundenlöhner sind, die mit einer garantierten Mindestarbeitszeit von acht Stunden in der Woche zurechtkommen müssen und damit, daß sie eigentlich nie Nein sagen können, wenn sie wegen eines Engpasses angerufen werden, immer in der Hoffnung, in eine Festanstellung übernommen zu werden, das wird meist nicht besprochen. Den Studenten ist es ja egal oder sogar recht, wenn die Arbeitszeiten ungewöhnlich sind, denn sie machen den Job nicht für immer und müssen sich schon gar nicht im Rahmen einer Familie damit arrangieren. So gibt es häufig ein kurioses Gerangel um die begehrten Arbeitsplätze bei Sonntags- und Mitternachtsshopping-Öffnungen, weil die Bezahlung überdurchschnittlich ist und es zusätzlich einen Gutschein gibt.

Da ich ja nicht bestechlich bin, habe ich bislang nur unter Protest in die harte Birne eines Sonntags- bzw. eines Sonnabendabendeinsatzes gebissen und muß für beide Erlebnisse deutlich sagen, daß sie nicht wiederholt werden müssen. Weder möchte ich, am Rande meiner Konzentrationsfähigkeit und darüber hinaus, bis 24 Uhr an irgendeiner Kasse stehen müssen, noch möchte ich eine ganz normale Arbeitswoche am Sonnabend um 20:30 beschließen, um am Sonntag von 12 bis 17:30 ebenfalls im Laden Landeier bedienen zu müssen, um dann am Montag wieder voll in der Uni zu sein. Da brauch ich auch keinen Gutschein für.  

Sonntag... alleine das Geräusch am offenen Fenster... selbst in Berlin ist das anders, weil andere Leute mit anderen Zielen unterwegs sind. In de Zeit hat das ein Kommentator sehr nett zusammengefaßt mit "ein Tag, an dem keine Rechnungen kommen, an dem nur Freunde anrufen und sonst niemand an der Tür klingelt... und wenn man sich für ausgiebige Aktivitäten verabreden will, ist es auch blöd, wenn einer sonntags frei hat, der andere aber donnerstags, das aber nur alle zwei Wochen, weil in den anderen hat er ja "lange Woche", was auch immer das bedeuten mag... Sonntag schafft gewisse Verbindlichkeit, und da ich glaube, daß in diesem Lande tatsächlich niemand sterben wird, weil er nicht am Sonntag einkaufen gehen konnte, begrüße ich das BVG-Urteil (wie die vergangenen fünf anderen auch) aufs allerherzlichste!

P.S. Und ich bin so unreligiös (und fast angenervt von dieser gebetsmühlenartigen Leier "von wegen säkularisiert, die Kirchen zwingen uns ihren Mist auf, Christenterror usw.) und sage bloß: Das Grundgesetz hat gesprochen! Ohne Jesus!

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