Donnerstag, 22. Oktober 2009

Und wieder: Das Bundesverfassungsgericht

[Ich kürze es so ungern ab, weil das dieselbe Abkürzung ergibt, die für die ungeliebten Berliner Verkehrsbetriebe steht.]

Schon reden alle vom Ehegattensplitting, aber eigentlich ging es ja nur um eine zusätzliche Hinterbliebenenversorgung im öffentlichen Dienst. Trotzdem handelt es sich natürlich um ein sehr wichtiges und wegweisendes Urteil. Daß nämlich beim Stichwort "Ehe" seinerzeit die Ecke gemeint war, in der Kinder großgezogen wurden, und daß der Staat diese Ecke unter seine besonderen Fittiche nehmen sollte. Da nie jemand ernsthaft erwogen hat*, von kinderlosen Ehepaaren den Steuervorteil wieder zurückzuverlangen, hat es sich so eingewachsen, daß Ehepaare immer ein bißchen besser gestellt waren als Paare ohne Trauschein - ganz unabhängig von a) sexueller Orientierung und b) vorhandenen Kindern. Das Lebenspartnerschaftsgesetz hat es ja auch nur deshalb gegeben, weil man die heilige Ehe nicht von Homosexuellenpartnerschaften besudelt sehen wollte - gegenseitige Verantwortung, gut und schön, aber Rentenansprüche? Steuerliche gemeinsame Veranlagung? Erbschaftsrecht? Adoptionsrecht? Ts ts ts, es gibt auf sueddeutsche.de Kommentatoren, die der Meinung sind, daß doch nicht die Gesellschaft dafür aufkommen müsse, wenn sich jemand das Lebensmodell homosexuelle Partnerschaft ausgesucht habe, das sei schließlich Privatsache. Das ist natürlich sehr witzig, weil man sich den Lebenspartner natürlich vor allem danach aussucht, ob er bzw. sie und vor allem, additiv, die daraus resultierende Partnerschaft in gesellschaftliche Vorstellungen von lebenslanger Partnerschaft hineinpassen. Oder?

Schön also, daß dieses wunderbare Bundesverfassungsgericht wieder einmal mehr Zeitgemäßheit beweist als alle regierenden Parteien zusammen. Zeitgemäß auch eben in der Interpretation des Grundgesetzes. Das ist nun in die Jahre gekommen, und heutzutage kommen Menschen zusammen und leben miteinander und sind einander verantwortlich, und wenn sie dann Kinder bekommen, dann sollten sie vom Grundgesetz besonders geschützt werden. Wenn sie's nicht tun, nun, dann sind sie immer noch einander verantwortlich. Das reicht ja normalerweise auch aus, wenn zwei aufeinander achten, oder?

Viele verstehen vielleicht nicht, daß es möglicherweise keinen großen Unterschied zwischen einer spießigen, kinderlosen Ehe und einer spießigen, homosexuellen, Partnerschaft gibt. Das kann man sogar sehr gut am allseits verbreiteten Wunsch homosexueller Paare auf Gleichstellung im Adoptionsrecht sehen - ein Kind würde die ganze Sache vermutlich abrunden. Aber wenn die Verantwortung füreinander ebenso da ist und mit ebensolchen Folgen im Falle des Scheiterns verbunden sind wie bei der herkömmlichen Ehe, dann ist es doch gar nicht einzusehen, warum homosexuelle Paare schlechtergestellt sein sollten, oder?

Danke, also, nach Karlsruhe. Was wäre dieses Land ohne euch?

*zum Glück natürlich!

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