Sonntag, 15. Februar 2009

Ein ganz und gar nicht westfälischer Lokführer, zwei Wohnungen in Minden/Weser und eine Spezialcurrywurst - ein Sonntag ganz offensichtlich ohne Päpsy

Und dabei habe ich noch kein Wort übers Skifliegen verloren.

Skifliegen - nicht zu verwechseln mit schiefliegen (und schon gar nicht mit schief liegen - davon bekommt man höchstens Nackenschmerzen) - ist, zumal auf der Heini-soundso-Schanze in Oberstdorf, das beeindruckendste, was ich mir auf zwei Brettern vorstellen kann. Höre ich Einwand von alpinen Skifreunden? Bitte, aber ein Abfahrtsläufer schaut erstens nicht dermaßen voll ins Tal, das ihn gleich - so oder so - aufnehmen wird, und zweitens kann er ja, zumindest theoretisch, jederzeit bremsen und aufhören, auch wenn das Schimpf und Schande über ihn ausschütten wird (zu Unrecht übrigens - dazu gehört wahrscheinlich mehr Mut als zum lebensbedrohenden Abwärtssturz). Immanente Begleittatsache des in aller Regel fulminanten Ausblicks von einer Sprungschanze ist allerdings die Unumkehrbarkeit des Vorganges, sobald der Springer den Balken losgelassen und sich abgestoßen hat - er muß mit der entsprechenden Technik abspringen und zumindest irgendwie so weit kommen, daß er auch vernünftig landen kann - das Loslassen gleichsam als temporärer point of no return, ab dem man auch bei Angst und Blackout handeln muß wie ein richtiger Skispringer. Deshalb auch keine Normalschanze ohne mindestens sechsmonatigen Trainings auf kleineren Bakken. Deshalb geht auch das Ende der Karriere mit einem endgültigen Abschied von den Schanzen einher. Zusammenfassend: Höhe der Schanze mal Anlaufgeschwindigkeit mal Aufsprunghöhe mal Auslauf macht soundsoviel Mutpunkte, und von einer Flugschanze zu gehen ist dann entsprechend exponentiell mehr. Wer heute oder gestern mal in die Übertragung reingezappt hat, konnte feststellen, daß die Oberstdorfer Schanze dermaßen steil und frei in die Alpengipfel ragt, als würden von dort Fernsehsatelliten ins All geschossen. Statt dessen lassen sich die Skispringer von wechselnden Aufwinden ins Tal tragen oder plumpsen bei 120 m auf den Aufsprunghügel. Die Varianz in den Weiten ist enorm. Bei schönstem Wetter und klarem Blick auf diverse Schneegipfel segeln die Kontrahenten über 300 m Höhenunterschied hinunter, wahrscheinlich ohne auch nur einmal auf das Panorama zu linsen.

Zuungunsten des zweiten Durchganges ging es nach Minden zur Wohnungsbeschau fürs Nesthäkchen, das demnächst in der hannoverschen Uniklinik eine Ausbildung beginnen wird. Langsam, aber sich versammelt sich scheints die Familie in Westfalen (das hätte einem früher auch keine Sinti-und-Roma-Oma aus den Handlinien gelesen). Der Makler war so nett, die Damen Ältere Schwestern vom Bahnhof abzuholen und wieder hinzubringen. Die Wohnungen waren auch nett, vor allem die eine, deren unverbauter Blick auf die gleichwohl winterlich-trübe Weser den im trockenen Biele-Asyl wasserlechzenden Schwestern tropfende Zähne verabreichte. Man frug sich unversehends, warum es eigentlich Minden in Westfalen heißt, wo doch Minden/Weser viel schöner und vor allem treffender wäre.

Auf dem Weg nach Minden verkündete der ganz und gar nicht westfälisch anmutende Lokführer: *knacks im Lautsprecher* Meine lieben Damen und Herren, hier spricht der Lokführer mit einer wichtigen Informationsdurchsage *Telephonklingeln im Hintergrund* Huch! *knacks* *knacks* Also, hier spricht der Lokführer, und zwar haben wir ja sechs Minuten Verspätung wegen Ähh wegen Schaden am Zug. Ich habe gerade mit der Fahrdienstleitung gesprochen und erwirkt, daß, wenn wir die Verspätung auf fünf Minuten eindampfen, die S-Bahn nach Hannover in Minden auf uns warten wird. Das klappt aber nur, wenn wir den Halt in Porta Westfalica auf einen Minimalhalt beschränken würden - das heißt, Sie müßten sich beim Aussteigen unheimlich beeilen. Bitte unterstützen Sie mich beim schnellen Aus- und Einsteigen. *knacks* Abgesehen davon, daß schon inhaltlich klar ist, daß der Lokführer kein Westfale ist, seine Pappenheimer aber kennt (aber nicht gut genug, daß ihm nicht klar wird, wie unsinnig sein Ansinnen den Ostwestfalen anmuten möchte - sich BEEILEN? Beim Einsteigen in einen Zug, in dem man schon sitzt? Dem Lokführer beim Aussteigen assistieren? Heute noch?), ist auch quantitiv an der Länge der Rede ablesbar, daß nur ein Nichteinheimischer dermaßen viel Information auf einem verhältnismäßig kurzen Streckenabschnitt zwischen Bad Oeynhausen und Porta Westfalica sprechen kann.

Hier schneits immer noch. Wenn schon kein berühmter Sommer, dann wenigstens ein westfälischer Jahrhundertwinter.

Ich hatte neulich zum ersten Mal Physiotherapie, und ich war doch sehr überrascht, daß ein Fachmann dem Gewebe am Rücken ansieht, ob man mal was an der Lunge hatte und ob man regelmäßig Menstruationsbeschwerden hat, und was für welche. Nächste Woche geht es weiter, und ehrlich bin ich ganz froh, daß endlich mal Fachleute mit meiner Wirbelsäule befaßt sind. Interessanterweise ist man zunächst darum bemüht, die Beschwerden zu zentralisieren, d.h. vor allem tut der Rücken jetzt wieder mehr weh, als fast gewollte Begleiterscheinung. Na, das soll mir mal keine Schule machen! Wer geht schon zum Arzt, und als erstes erwartbares Behandlungsergebnis verschlechtern sich die Symptome...

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