Irgendwie ist hier der absolute Winter hereingebrochen. Seit Freitag schneit es ununterbrochen, und das weiße Zeug bleibt auch noch hartnäckig liegen, taut übern Tag mal an, friert aber über Nacht wieder zuverlässig zusammen, so daß in Biele praktisch der Verkehr zusammenbricht und man beim Reifenwechsler die hohe psychologische Schule mit erfundenen Geschichten und echten Tränen bringen muß, damit man noch am selben Tag die Winterreifen draufgemacht kriegt. Der Weihnachtsbaum aufm Alten Markt sieht sehr schön und authentisch mit seinen roten Schleifchen und den schwer mit weißem Zeug beladenen, herunterhängenden Ästen aus - da störts nicht, daß er etwas schief steht. Überhaupt wurde mir heute beim Nachm-Mittagessen-Kaffeetrinken schlagartig bewußt, daß mit dem Vorübergehen des gestrigen Ewigkeitssonntages ja die schöne Adventszeit anbricht und ich nunmehr endlich Spekulatius und andere Köstlichkeiten essen kann. Was ich tat. Auch der erste Glühwein mußte anläßlich eines Stadtbummels inhaliert werden - man muß hier ja nicht extra aufn Weihnachtsmarkt gehen, sondern ist automatisch dabei, wenn man was in der Stadt erledigen muß.
Sonnabends gab es eine sehr schöne und gewaltige Einweihungsparty im Goldbach, wo einer der Lieblingskonfidenten eine vergleichsweise feudale Dachwohnung bezogen hat. In einem Zimmer stand ein winziger, schiefliger Kicker, der den weiteren Verlauf der Feierlichkeiten allerdings infolge ungewollter Gewaltanwendung nicht überlebt haben soll. Ich war da schon weg, an einem besseren Ort. Aber jedenfalls ein exzessives Fest mit vielen bekannten Gesichtern, interessanten Gesprächen in der Schlange vor dem einzigen Klo und Musikanten aller Art.
Ich bin gehalten, auf einen Film, den ich eventuell in dieser Woche ansehen werde, aufmerksam zu machen. Einesteils, weil er einiges Aufsehen erregen wird, wegen des DDR-Themas und wegen der Hauptdarstellerin Anna Mühe, andernteils, weil er der Abschlußfilm (Ludwigsburg) von einem ist, der mit einem verwandt ist, den ich von früher kenne und der der letzte war, der mich im StudiVZ gefunden hat, bevor ich dem Laden endgültig den Rücken gekehrt habe bzw. darum gebettelt habe, endlich meinen Account zu löschen. Also eine Top-Referenz. Ich bin jedenfalls gespannt und werde nachher hier davon berichten.
Der Konfident hat aus México berichtet, endlich mal, möchte ich fast sagen, dabei habe ich natürlich das allergrößte Verständnis fürs Nicht-melden. Komisch, eigentlich ist man als Weggeher in der Pflicht, sich zu melden - für die Leute zuhause hat sich ja fast nichts geändert, außer die klitzekleine Tatsache, daß man eben nicht mehr präsent ist. Für den Weggeher ist dagegen alles fulminant anders, und sein zuhause ist auch nicht mehr da. Also eigentlich klar, daß er keine Zeit hat, sich ständig zu melden, zumal die ganzen Veränderungen irgendwann nicht mehr in paar Worten geschildert werden können für jemanden, der absolut außerhalb steht. Trotzdem ist es wohl so, daß die Zuhausebleiber immerfort auf Nachrichten ausm fernen Ausland warten, statt sich selber mal zu rühren. Ich sehe das sehr gut in dem Blog, den ich für Llo Annex, wie er in México lautmalerisch geschrieben wird, eingerichtet habe - eigentlich schreibt fast niemand außer mir da rein, obwohl wir uns einig waren, daß nichts blöder wäre als das Vorhandensein eines solchen Blogs, in den dann keiner reinschreibt, und wenn ich die einzige bin, kann ich ihm natürlich auch gleich eine Email schreiben. Aber gut, nun kamen viele Seiten Bericht, und ich bin ehrlich beeindruckt von der Lebendigkeit, Berührtheit und Anteilnahme, mit der Llo Annex über México, vor allem eben "seine" Migrantenherberge und seine Mitfreiwilligen, die Migranten und gewöhnlichen Abläufe berichtet. Klingt sehr angekommen, teilnehmend, reflektiert und überlegend; sehr schön.
Okay, Weihnachten naht. Was ich mir selber schenken werde, weiß ich schon. Ein Geschenk liegt auch schon hier. Der Rest ist offen. Am 4. Advent bin ich in der nettest-denkbaren Begleitung in Berlin und freue mir dessenthalben schon ein Loch in den Bauch, weil ich dann wirklich lange nicht dagewesen sein werde, von der Begleitung ganz zu schweigen. Übrigens auf Bild.de eine rubrik, die für Bielefeld keinen Sinn ergeben würde: Berlins schönste Weihnachtsmärkte. So viele gibt es da.
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