Samstag, 3. Mai 2008

Armenisches Märchen zwischen München und Regensburg, gesehen im: KINO

Gestern war ich auf Einladung und Empfehlung des Lichtwerkkonfidenten, a.k.a. StudBär, in einem Film, der hieß "Meine Mutter, mein Bruder und ich." Abgesehen davon, warum Filmemacher ihre Filme gerne mit Titeln versehen, in denen Mütter mit Possesivpronomen vorkommen, sprach nichts gegen dieses Alternativkinoevent. Wenn der Filmemacher nicht zufällig von einer spontanen Mittelohrentzündung angefallen worden wäre, hätte es sogar eine echte Premiere mit "der Filmemacher stellt vor" und "jetzt können Fragen gestellt werden" gegeben. Es gab allseitiges Bedauern über das Fehlen des Premiere-Events. Auch gab es Personen, die viel zu spät kamen, dann laut darüber lamentieren, daß man hier ja in Ostwestfalen sei, sich dann niederlassen und die ganze Zeit schwer am Diskutieren der auf der Leinwand sichtbaren Dinge sind. Und neben mir saß ein offenbar mindestens Arztehepaar, das nicht müde wurde, die medizinischen Begebenheiten zu kommentieren.

Aber das nur zur allgemeinen Atmosphäre; nun zum Film.

Handlung: Ein Ehepaar mit Sohn flieht aus Armenien vor dem Bürgerkrieg (ich vermute eher, vor dem "Bürgerkrieg" mit Aserbaidshan - eine Sowjetunion, aber zwei Sowjetrepubliken) nach Deutschland und stellt Antrag auf politisches Asyl. Der Vater stirbt, aber vorher zeugt er noch fix einen zweiten Sohn. Der ältere Sohn studiert erst auf Jura, will aber eine große Filmgröße werden, lebt ein halbwegs deutsches Studentenleben in München mit Job und Freundin und muß zwischendurch die Belange seiner analphabetischen Mutter und seines minderjährigen Bruders in Regensburg klären. Der jüngere Sohnemann meistert den Alltag mit der inzwischen zuckerkranken und von den ersten irreversiblen Folgen der Zuckererkrankung gezeichneten Mutter, ist zudem gut in der Schule und interessiert sich für die Märchen aus der alten Heimat, mit Schatz und allem Drum und Dran.

Figuren: Die Hauptfiguren agieren irre gut. Areg (das ist der ältere Sohn) als Prototyp des anpackenden, assimilierenden und gleichzeitig vom eigentlich unerreichbaren träumenden; der kleine Bruder Garnik, der beim Priester Armenisch lernt und sich die alten Märchen von Schätzen erzählen läßt, Schätze, die in irgendeinem der zahlreichen Erdbeben irgendwohin verschüttet worden sind; die Mutter, die man zunächst für einen Alptraum hält - nur armenisch sprechend, oft schimpfend, sehr eigen und sogar trotzig erscheinend und in ihrer Vorliebe für Schokolade und Fett im Essen durch nichts, nichtmal schwere körperliche Konsequenzen zu bremsende Frau, die viele Jahre in der Fremde lebte, in welcher sie ihren Mann namenlos (Grabstein zu teuer) begraben mußte; eine ganz starke und trotz der Handlungsverwicklungen nicht überironisierte Lili; ein merkwürdiger Asyl-Antrags-Zuständiger, ein gleichzeitig fragwürdiger und sehr interessierte Arzt, komische Kumpanen.

Warum es trotzdem nicht so besonders gut war: Zuviele lange Stellen, während derer ich mich teilweise fremdschämte (jaja, wenn schonmal eine Frau Chefin einer Filmproduktionsfirma ist, dann ist sie natürlich einsam und stellt jungen Aspiranten in Form privater Einladungen ins Penthouse nach, wo sie sich dann so offensichtlich einen auf die Lampe gießt, daß einem angst und bange wird). Als Lili, nachdem sie mit Areg in Regensburg an der (hoffentlich) Donau feststellte, daß das ja schwierig sei, wenn er da immer in Regensburg zugange sei, schlußendlich mit ihrem Auto davonfuhr, dachte ich so, hmm, die ganze Zeit hat noch kein Handy geplärrt. Entweder (guter Film) kommen wir heute mal ohne Handygeplärr aus, oder gleich sofort plärrt seines, und die Filmschnecke ruft an. Leider war die zweite Vermutung ein Volltreffer. (Übrigens plärrte auch danach nie wieder ein Telephon. Also entweder - oder!)

Am Ende fahren alle nach Armenien und suchen das alte Dorf, und die Mutter darf dort sterben, und des Vaters Asche wird auch verstreut, und ein plötzliches Erdbeben fördert den Schatz zutage, und der kleine Bub hat recht, und die Brüder wandern durch die ansprechende Berglandschaft, und es ertönt gute Musik.

Ich bin ein bißchen unschlüssig: war kein schlechter Film, nicht sehr unterhaltsam, mit einigen Ungereimtheiten und allerlei Überflüssigem, aber gut umgesetzt, schön gefilmt usw.

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