Am späten Nachmittag mit dem Konfidenten und dank meines unfehlbaren Orientierungssinnes auf dem kürzesten Weg ins Welthaus Bielefeld. Der Plan bestand darin, für den heute zum "Thema Ethik in der psychologischen Forschung" Vortragenden einen Flasche fair gehandelten Biorotwein zu kaufen. Leider ist solcher aus den präferierten Ländern Australien und Spanien äußerst rar, weshalb wir uns für einen sicherlich phantastischen südafrikanischen Pinotage entschieden haben. Für mich war so ein Laden ja keine neue Information. Sowas gab es vor über zehn Jahren schon in der Straße, wo Lunas Eltern wohnen. Aber der Konfident war ganz aus dem [achtung: Welt-]Häuschen [autsch], naja, schließlich ist er ja nicht in derart privilegierten Gegenden aufgewachsen wie unsereiner.
Noch später, während des Herumstromerns in der weihnachtlich verblendeten Innenstadt, kickte ich einen Karottenrest mit dem Schuh davon und kommentierte dieses Tun mit der Äußerung des Wortes "Karotte". Gleichzeitig gab es ein Geräusch zu hören, das der Konfident mit der Frage "Kind oder Hund" beschrieb, was ich aber, innerlich noch bei der Karotte verweilend, nicht bemerkte, woraufhin ich ihn mehrere Sekunden lang schweigend anstarrte. Ja, damit war dann Karotte unversehens zum Wort des Tages geworden. Ist doch klar.
Überhaupt grassieren gerade die richtig schlechten Wortwitze, Abfallprodukt der ebenso endemisch umgehenden Wintermüdigkeit. Die Motivation befindet sich an einem Tiefpunkt, der so tief ist, daß er durch seine absolute Nullpunkthaftigkeit die Motivationsskala rational skaliert. Zwischen vier Uhr nachmittags und acht Uhr morgens ist es erheblich zu dunkel, und zu den anderen Zeiten ist der Himmel auch nur grau. Ich muß hier raus, ich will die klare Winterluft des Kontinentalklimas 400 Kilometer weiter östlich atmen, ich will den Rockstar auf der Bühne sehen, ich will ausschlafen.
Heute im Päppelkurs hatten wir endlich Studien, die ich schon ganz gut kenne, und wie erwartet gibt sich der Chef, denn es waren seine eigenen Arbeiten, absolut kritikfähig. Beste Sätze heute: "Das bleibt unklar. Die Autoren äußern sich nicht dazu." Und: "Keine Ahnung, warum wir den LPS und nicht einen anderen, besseren IQ-Test genommen haben. Weiß ich nicht mehr." Mir hat gefallen, daß er mit größtmöglichem Abstand an die Studien herangegangen ist, also es zumindest anfangs geschafft hat, über die Arbeiten zu reden, als seien sie gar nicht von ihm. Und am Ende war es natürlich super, daß man mal mit dem Autoren selbst so ein Ding zerpflücken kann, dann wird nämlich viel klarer, warum manchmal so ein krudes Zeug in der Diskussion steht (weil irgendein Reviewer das wollte), warum dieser und jener Test nicht auch noch gemacht wurde (zu schmale Zeitfenster bei der Untersuchung von Patienten) und was aus der Patientin geworden ist. Und so ganz nebenbei kriegt man (wieder einmal) mit, dasser ja auch noch Psychologe ist, und das gar nicht so nebenbei, wie der Konfident sehr richtig bemerkte.
Bevor ich jetzt vor Lobhudelei überschäume (nein, DAFÜR werde ich nicht bezahlt!), weise ich noch darauf hin, falls das hier was nutzt, daß immernoch die gleiche Person heute einen Vortrag über Ethik in der psychologischen Forschung halten wird, und zwar in genau zwei Stunden im Hörsaal 3. Da geh ich gleich hin! Atschö!

Blöd nur, daß wir da Interessenten geschrieben haben. Wir wollen doch kein Auto verkaufen!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen