Die Insassen unseres Rektorats scheinen, mit Verlaub, selten an die frische Luft zu gelangen, und sei es nur die Hallenluft. Vor zwei Wochen kam ja schon die Ankündigung, an der gesamten Uni 45 Stellen einzusparen. Wohlgemerkt beginnt jetzt das erste Semester, in dem alle Studierenden Studiengebühren zahlen müssen, die gesetzlich zur Verbesserung der Qualität der Lehre verwendet werden müssen, jedoch nicht für Personalkosten ausgegeben werden dürfen. Es ist natürlich blanker Hohn, jetzt den Abteilungen die Mitarbeiter zusammenzustreichen, um dann über die Studiengebühren studentische Tutoren zu finanzieren, die dann die notwendige Betreuungsarbeit leisten sollen. Man kann das alles gar nicht beschreiben, das sprengt hier die Seite. Jedenfalls ist der Offene Brief der Fachschaft Psychologie noch nicht gedruckt und unterschrieben, da ist dem Rektor offenbar schon wieder eine neue Denkschrift ins Diktat gerutscht. Es handelt sich hierbei um ein Gerücht. Er, der Rektor, soll sich dahingehend geäußert haben, daß man als Studierender durchaus 20 Stunden Veranstaltungen in der Woche besuchen solle, wobei er für jede tatsächliche Veranstaltungsstunde ZWEI Stunden Vor- und Nachbereitungszeit vorsehe. Selbst bei bescheidenen mathematischen Vorkenntnissen gelangt man schnell zu einer vom Rektor angedachten Wochenarbeitszeit von 60 Stunden. Nicht eingerechnet sind: Prüfungsvorbereitungen; Mitarbeit in der studentischen Selbstverwaltung und in universitären Gremien; Nebenjobs zur Finanzierung der Studiengebühren, des Lebensunterhalts oder des Sommerurlaubs - den man sich bei einem derartigen Pensum redlich verdient hätte; Kinder; Modul F (F wie Freizeit); sportliche Betätigung und überhaupt jegliche Beschäftigung mit unwichtigen Sachen wie Politik, Kultur, Gesellschaft. Selbst wenn der Rektor völlig fachfremd wäre, was er nicht ist, hätte er doch die Fachleute, denen er gerade die Stellen streichen will, an Bord. Unsere Arbeits- und Organisationspsychologen würden ihm gerne was über Streß und Motivation und Leistung erzählen. Und unsere Kliniker teilen gerne ihr Wissen über die gesundheitlichen Folgen von Streß und Überlastung.
Sieht so aus, als könnten wir langsam mal einen Serienbrief "Die Fachschaft Psychologie wehrt sich gegen diesunddas" entwerfen. Inzwischen muß man schon aufpassen, daß man Protestbriefe aller Art nicht zu häufig einsetzt, sonst findet noch eine Habituation statt, und wir müßten uns was ganz Neues ausdenken.
60-Stunden-Woche. Der spinnt einfach.
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