Dienstag, 7. Juli 2009

Als ich neulich in der Zeitung las,

daß eine Zeugin während einer Gerichtsverhandlung in Dresden ermordet wurde, las ich folgendes (natürlich dachte ich mit keinem Gyrus daran, diese ersten Artikel zu verlinken. Wieso auch?):

Frau tot, Kind dabei, Beleidigungsverfahren, der Angeklagte der Täter, Verletzte infolge Tumult.

Später:

Ehemann der toten Frau infolge Tumults verletzt, Berufungsverhandlung.

Noch später:

Frau schwanger (dritter Monat - das ist nicht grade sichtbar), ... Apothekerin.

... und dann gings plötzlich los. Ich lese ja auch nicht jeden Furzartikel über sowas. Auf einmal dreht Ägypten frei. Nun erfahre ich (einige Tage später):

Frau ägyptische Apothekerin, Kopftuchträgerin, infolge des Kopftuchs beleidigt worden, Anzeige angestrengt (also selber Klägerin, nicht bloß Zeugin - auch wenn man immer als Zeuge gehört wird), Recht bekommen (zurecht natürlich), in Berufung gegangen (inzwischen wars der Staatsanwalt), Ehemann bei Hilfeversuch von Polizei angeschossen und schwer verletzt. Täter Spät(sehrspät)aussiedler aus Russland.

Auf einmal haben wir eine wunderschöne Debatte über Islamophobie, Gewalt gegen Ausländer in Ostdeutschland, das angebliche Wegschauen der Politik und/oder Öffentlichkeit, unser Verhältnis zu Ägypten und vieles mehr. Die Russen kriegen nebenbei auch ordentlich was ab. Dabei haben die Medien, zumindest die, die ich so lese, am Anfang in meinen Augen alles richtig gemacht: der Vorfall wurde berichtet, ohne die doch eigentlich so unwichtigen Parameter Staats-, Religions- (samt äußerer Erkennungszeichen) oder Nationalitätsangehörigkeit in den Vordergrund zu stellen. Das gereicht jetzt zum Nachteil, weil diversen Stellen vorgeworfen wurde, nicht adäquat auf, Vorfall will ich jetzt nicht schreiben, hmmm, reagiert zu haben.

Denn eigentlich besteht doch das Erschütternde an dem Fall in seiner banalen Grundlage. Ein Mann beschimpft eine Frau (wenn sie kein Kopftuch getragen hätte, wäre es sicherlich etwas anderes gewesen), die Frau setzt sich souverän und mit den gebotenen rechtsstaatlichen Mitteln zur Wehr, bekommt recht, und der Vollpfosten weiß sich von einer rechtskräftigen Verurteilung als Beleidiger nicht anders reinzuwaschen, als daß er sich eine Anklage wegen vorsätzlichen Mordes aus niedrigen Beweggründen mit besonderer Schwere der Tat einhandelt. Na, herzlichen Glückwunsch.

Das ist schlimm, hat aber nix mit DER (ost)deutschen Fremdenfeindlichkeit oder DEM (ost)deutschen Ausländerhaß zu tun. Das ist doch lächerlich.

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